Der südafrikanische Komponist, Cellist und Mitglied der Camerata Salzburg Shane Woodborne hat eine spannende neue Bearbeitung von Schuberts großem Liedzyklus Winterreise für Streichtrio und Bariton geschaffen, die Ende 2017 im Wiener Musikverlag Doblinger veröffentlicht wurde.
2018 brachten der österreichischen Bariton und gefeierte Liedinterpret Klemens Sander und Mitglieder der Camerata Salzburg (Lukas Hagen, Iris Juda-Hagen und Jeremy Findlay) das Werk beim Festival Schubert in Gastein mit großem Erfolg in Anwesenheit des Arrangeurs zur Aufführung.
Durch die Bearbeitung für Streichtrio und Stimme ist eine farbige und äußerst lebendige Klangpalette erlebbar, die die von Schubert gesetzte Klavierbegleitung um vielschichtige Klangdimensionen erweitert.
Shane Woodborne über sein Winterreise-Arrangement
„Der erste Impuls zu dieser Fassung der Winterreise für Streichtrio und Stimme kam vom Kölner Ensemble Unterwegs. Die Idee hat mich von Anfang an fasziniert, denn die Winterreise ist ein ständiger Begleiter meines Lebens als Musiker, ein Werk zu dem ich immer wieder zurückkehre. Wichtig war für mich dabei, dass die Intimität, die für diesen Zyklus so wesentlich ist, nicht verloren geht. Daher wusste ich, dass ich keine üppige Besetzung wollte und habe mich deswegen für ein Streichtrio entschlossen.“
Dabei unterstreicht Woodborne den Gemütszustand des „Wanderers“ durch das vielfältige Klangspektrum von Violine, Viola und Violoncello und enthüllt dem Zuhörer eine völlig neue, intensive, emotionale, zum Teil beklemmende Klangwelt.
Klemens Sander über die Winterreise
„Im Gegensatz zur Schönen Müllerin, in der die Liebe zur Müllerin und sogar die Müllerin selbst auch nur eine Traumgestalt sein könnten, existiert die Liebe des Wanderers in der Winterreise wahrhaftig und konkret. In der Müllerin werden sprunghaft alle Facetten der Gefühlswelt einer am Ende unglücklichen Liebe beleuchtet, dagegen steigt die Winterreise emotional auf einem bereits sehr ‚tiefen‘ Level ein und hält dieses bis zum Ende. Der schon zu Beginn von der Liebe herb enttäuschte Wandergesell verlässt den Schauplatz seiner Zurückweisung, in der Hoffnung auf Linderung seiner Qualen – er wandert durch die winterliche Landschaft, die für mich auch die Kälte, die Erstarrung seines Herzens symbolisiert. Im Dorfe wird ihm schmerzlich bewusst, dass er ein Ausgestoßener ist – ‚was will ich unter den Schläfern säumen‘. Er hat mit den Träumern, die sich der Illusion eines besseren Lebens, einer erfüllten Hoffnung hingeben, nichts mehr gemeinsam. In gewissen Sinn verachtet er sogar die in ihrer Illusion Zufriedenen. Er ist ein Suchender ohne Ziel, gepeinigt von Todessehnsucht, die besonders im Lindenbaum, in der Krähe, im Wegweiser und im Wirtshaus Ausdruck findet. Doch auch diese Sehnsucht wird nicht gestillt.
Aus meiner Sicht endet die Winterreise nicht unausweichlich mit dem herbeigesehnten Tod, sondern, eigentlich noch viel schlimmer, in der hoffnungslosen Ausweglosigkeit.“
Besetzung
Klemens Sander • Bariton
Lukas Hagen • Violine
Iris Juda-Hagen • Viola
Jeremy Findlay • Violoncello